Durch den Druck von der Straße und der Gerichte hat die Thüringer Landesregierung eingelenkt, ihre aktuelle Corona-Verordnung geändert und das absolute Versammlungsverbot wenigstens etwas geöffnet. Dass die Landesregierung in diesem Zusammenhang davon spricht, „Versammlungen zu erlauben“1 zeigt etwas über ihre Haltung zum Versammlungsrecht. Denn tatsächlich ist es unser Recht auf die Straße zu gehen, dass uns nicht von der Landesregierung erlaubt werden muss, vielmehr hatten sie es komplett verboten.
Am Dienstag, dem 21.4., wollten viele Menschen diese krasse Einschränkung ihrer Grundrechte durch das absolute Versammlungsverbot nicht mehr hinnehmen und gingen trotzdem auf die Straße. Dir Polizei schritt ein und hat unseres Wissens nach von 11 Betroffenen die Personalien aufgenommen und ED-Behandlungen durchgeführt. Gleichzeitig wurde eine Kundgebung für Donnerstag angemeldet mit dem Hinweis darauf, dass das Totalverbot in Thüringen mit dem aktuellen Urteil des Verfassungsgerichtes zum Versammlungsrecht nicht mehr haltbar ist und die Anmelder*innen ihr Recht auf Versammlung einklagen werden.
In einem Tweet vom 23.4. schreibt Bodo Ramelow, dass der Ausgangspunkt für die neue Bewertung des Versammlungsrechts in Thüringen die Demo in Jena am Dienstag, den 21.4., war. Offensichtlich brauchte es erst die Personalienaufnahme und ED-Behandlung von 11 Menschen in Jena und ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, nach dem wohl auch das absolute Versammlungsverbot in Thüringen nicht vertretbar war, um die Landesregierung dazu zu bringen ihre aktuelle Verordnung zu überdenken. Wir fordern deshalb, dass keine*r der Betroffen vom vergangenen Dienstag strafrechtlich für die Teilnahme an der Demonstration belangt wird!
Die starken Einschränkungen des Versammlungsrechts werden uns voraussichtlich noch eine ganze Weile erhalten bleiben. Hierzu wird es in den nächsten Wochen und Monaten vielfältige kreative wie verantwortungsbewusste Ansätze brauchen, die die notwendigen Maßnahmen berücksichtigen und gleichzeitig dem aktuell deutlich spürbaren Autoritätsüberschuss etwas entgegensetzen. Wir werden versuchen euch auf unserem Blog über die Entwicklung auf dem Laufenden zu halten.
Für alle, die gerne eine Kundgebung oder Demo anmelden möchten, stehen wir gern beratend zur Verfügung. Laut der dritten Thüringer Corona-Verordnung2 ist die Rechtslage vorerst so, dass Versammlungen unter freiem Himmel mit bis zu 50 Versammlungsteilnehmern zulässig sind, soweit die Einhaltung der Personenobergrenze und die Beachtung und Einhaltung der Hygienevorschriften gewährleistet sind.
In einigen Kommunen in Thüringen fordert das Ordnungsamt, dass für den Fall einer Corona Infektion eines Teilnehmenden die Personalien und Kontaktdaten aller Teilnehmenden aufgenommen werden. Die ist so nicht in der Thüringer Corona-Verordnung vorgesehen und sollte auch nicht von den Anmelder*innen akzeptiert werden. Zum Teil haben Anmelder*innen Kompromisse aushandeln können, sodass die Liste bei den Anmelder*innen oder einem Anwalt/ Anwältin des Vertrauens bleibt und nur bei tatsächlicher Infektion ans Gesundheitsamt übergeben wird. In jedem Fall wäre es wichtig, dass ihr gegen einen Auflagenbescheid der das Anfertigen einer solchen Liste beinhaltet, Widerspruch einlegt. So kann im Nachhinein gerichtlich überprüfen werden, ob eine solche Auflage rechtmäßig ist. Um nicht mehrere Gerichtsverhandlungen hierzu parallel zu führen und somit sinnlos Geld auszugeben wäre es super, ihr meldet euch in dem Fall, um das etwas zu koordinieren.
Bei Fragen und Anmerkungen schreibt uns gern!
Solidarische Grüße!
Eure Rote Hilfe Jena