Im Folgenden teilen wir den Offenen Brief und ein Anliegen der Blau-Gelb-Weissen-Hilfe in Jena:
OFFENER BRIEF AN DIE VON DEN HAUSVERBOTEN BETROFFENEN SOWIE AN SICHERHEITSDEZERNENT BENJAMIN KOPPE
Vorverurteilung statt Rechtsstaatlichkeit – Wie die Stadt Jena Grundrechte opfert
Im OTZ-Artikel vom 29.07.2025 („Streit um Hausverbote“) rechtfertigt Sicherheitsdezernent Benjamin Koppe die Praxis pauschaler Hausverbote mit den Worten: „Hausverbote basieren nicht auf einer strafrechtlichen Verurteilung, sondern auf dem Hausrecht (…). Es ist rechtlich zulässig und auch sachlich geboten, bereits vor einem gerichtlichen Urteil zu handeln, wenn konkrete Hinweise vorliegen, dass Personen an sicherheitsrelevanten Vorfällen beteiligt waren.“
Doch was Koppe hier als „sachlich geboten“ verkauft, ist nichts anderes als eine institutionalisierte Vorverurteilung. Er erklärt unverhohlen, dass ihm polizeiliche Verdachtsmomente genügen, um 67 Menschen ohne rechtskräftiges Urteil hart zu bestrafen. („Eine eigenständige Ermittlungstätigkeit seitens der Stadt erfolgt nicht.“). Dass diese Praxis gewissenlos und willkürlich ist, belegen bereits jetzt mehrere Fälle: Einige Betroffene können nachweisen, weder beteiligt noch überhaupt anwesend gewesen zu sein. Doch statt Koppes Verfahren zu hinterfragen, müssen nun viele Dutzende Unschuldige ein ungerechtfertigtes Jahr Stadionverbot durch die Stadt erdulden – während auf dem üblichen Rechtsweg in den kommenden Monaten parallel dazu Verfahren eingestellt oder Freisprüche erteilt werden.
Doppelmoral bei Polizeigewalt – Schweigen statt AufklärungWährend Koppe bei Hausverboten rigoros und vorauseilend handelt, zeigt er bei den dokumentierten Polizeigewaltexzessen erschreckende Passivität. Wo bleibt das „sachliche Gebot“, auch hier Konsequenzen zu ziehen? Stattdessen: Schweigen.
Umkehr der Beweislast – Ein Angriff auf rechtsstaatliche PrinzipienBesonders perfide ist Koppes Aussage: „Wir können die Sachlage in Einzelfällen neu bewerten, wenn die Betroffenen entsprechende Beweise vorlegen.“ Damit dreht er bewusst das Rechtsstaatsprinzip um: Nicht die Stadt muss Schuld nachweisen – die Betroffenen sollen ihre Unschuld beweisen, um eine ungerechte Strafe zu widerrufen. Das ist autoritäres Denken und willkürliches Handeln in Reinform.
Hausrecht als Freibrief für WillkürIndem Koppe das Hausrecht als privatrechtliches Schlupfloch missbraucht, um Grundrechte auszuhebeln, entlarvt er sich als Verwalter der Unfreiheit. Eine derartige Missachtung demokratischer Prinzipien disqualifiziert ihn für Ämter, die den Schutz aller Bürger:innen garantieren sollen.
Offener Austausch – Persönlich verantwortenWir haben vernommen, dass die Hausverbote zu viel Unmut, Unverständnis und Verunsicherung bei den Betroffenen geführt haben. Daher wird es in absehbarer Zeit eine geschlossene Runde geben, in welcher allen Betroffenen der Hausverbote sowie deren Erziehungsberechtigte ein Raum zum Austausch und zur Information über Handlungsmöglichkeiten gegeben wird.
Wir geben Benjamin Koppe im Rahmen dieses Treffens gern die Möglichkeit, den Betroffenen persönlich Rede und Antwort zu stehen und zu erklären, wofür sie im Einzelfall das in der Praxis einem Stadionverbot gleichzusetzende Hausverbot erhalten haben.
Keine Ausreden, keine BeschwichtigungWir fordern:
- Benjamin Koppe: Verantwortung für willkürliches Gebaren übernehmen und persönlich Rede und Antwort stehen!
- Sofortige Aufhebung aller Hausverbote!
- Konsequente Aufarbeitung von Polizeigewalt – nicht nur leere Versprechen!
Initiativen und Einrichtungen in Jena werden sich also überlegen müssen, wie sie öffentlich, politisch und sozial mit dieser von Koppe geschaffenen Situation umgehen, was sie im Rahmen dieser sicherheitspolitisch relevanten Vorfällen in Jena unternehmen wollen – zum Beispiel im Rahmen ihres eigenen Hausrechts.