Weil er ein T-Shirt mit der Aufschrift „All Cooks Are Bastards“* getragen hat, steht ein Mitglied des Jenaer Aktionsnetzwerks gegen Rechtsextremismus vor Gericht. Gemeinsam mit 100 anderen Menschen hatte er am 26. Juli 2008 gegen den Auftritt von Alt-Nazi Reinhold Leidenfrost im „Braunen Haus“ in Altlobeda protestiert. In einer Zugangskontrolle zur Gegenkundgebung fühlte eine Bereitschaftspolizistin sich durch den Anblick seines T-Shirts beleidigt. Die öffentliche Verhandlung beginnt am kommenden Mittwoch um 9 Uhr im Amtsgericht, Saal 1.
Die Staatsanwaltschaft versteht unter der scherzhaften Schmähung von Köchen die Parole „A.C.A.B. – All Cops Are Bastards“, mit der viele Jugendliche ihre Wut und ihren Frust über Polizeischikanen und -gewalt ausdrücken. Dieses Strafverfahren zielt auf solche Kritik an staatlichen Behörden. Da der Slogan „All Cops Are Bastards“ wie „Soldaten sind Mörder“ nach der Rechtsprechung eine sog. straflose Kollektivbezeichnung ist (Wikipedia dazu), wählen die Verfolgungsbehörden den Umweg über die persönliche Ehre einer einzelnen Beamtin, um eine Verurteilung zu erreichen.
Diese perfide Anklage ist ein juristisches Highlight der andauernden Repression gegen linke und antifaschistische Demonstranten in Jena. Seit 2007 werden strengere Auflagen verhängt, wird häufiger die berüchtigte Sondereinheit BFE eingesetzt und schärfer kontrolliert. Die Zahl der Anzeigen ist stark angestiegen. Erst vor einem Monat standen zwei Mitglieder der FdJ vor Gericht, weil sie Flugblätter „Soldaten sind Mörder“ verteilt hatten. Auch dieser Prozeß geht auf die Anzeige einer ehemaligen Bundeswehrsoldatin zurück, die sich persönlich beleidigt fühlte (Berichte 1, 2 und 3).
„Diese Beleidigungsverfahren sind eine versteckte Zensur nach dem freien Ermessen einzelner Beamter. Sie schrecken von Meinungsäußerungen in der Öffentlichkeit ab. Das ist eine Gefahr für jede politische Auseinandersetzung“, erklärt Matthias Fischer, Sprecher der Roten Hilfe Jena. „Wir rufen deshalb alle Aktivisten aus den verschiedenen politischen Spektren auf, am Mittwoch ins Amtsgericht zu kommen und Solidarität mit dem Angeklagten und allen anderen Betroffenen zu zeigen. Wir fordern einen Freispruch und ein Ende der Denunziationen.“
Die Polizei stellte auf der Kundgebung am 26. Juli 2008 eine weitere Anzeige wegen „A.C.A.B.“ Über den Stand dieses Verfahrens ist nichts bekannt.
*Das T-Shirt zeigt einen Totenkopf mit Kochmütze und gekreuztem Besteck und die Aufschrift „A.C.A.B. – All Cooks Are Bastards“ – das Logo der Hamburger Cateringagentur Rote Gourmet Fraktion, die nach eigenen Angaben bereits „beinahe jede namhafte deutsche und internationale Band … auf ihren Touren und Festivals bekocht“ hat (Motiv hier).