mg-Verfahren: Zeugenvorladungen der BAW in Berlin

Hier eine Mitteilung der ZeugInnengruppe und des Ermittlungsausschusses Berlin:

ZeugInnenvorladungen durch die BAW am 23., 24. und 25.10.2007 in Berlin

Am 31.7.2007 wurden Oliver, Florian und Axel festgenommen. Die Polizei wirft ihnen einen versuchten Brandanschlag auf Bundeswehr-LKWs vor. Zudem wurde Andrej in seiner Wohnung verhaftet. Ihm wird ein angeblich konspiratives Treffen mit einem der drei zuvor Festgenommenen vorgeworfen. Anschließend wurden Wohnungen und Arbeitsplätze im Umfeld der vier Verhafteten und drei weiteren Personen durchsucht. Wie im Zuge der Durchsuchungen bekannt wurde, läuft das Ermittlungsverfahren gegen vier der Beschuldigten bereits seit September 2006. Allen sieben wird die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (militante gruppe) nach § 129a StGB vorgeworfen.


Polizeiliche Maßnahmen gegen die jetzt Beschuldigten laufen offenkundig schon einige Monate. Seit den Verhaftungen wurden umfassende Ermittlungen auf das familiäre, private und politische Umfeld sowie auf die Arbeitsbereiche der vier Beschuldigten ausgeweitet. Der größte Teil der Ermittlungen läuft verdeckt. Die Ermittlungen gegen vermeintliche ZeugInnen direkt und offen (Telefonanrufe, Ansprechen nach Knastbesuchen etc.) um diese einzuschüchtern. Es ist davon auszugehen, dass bei allen ZeugInnen Telefone, Emails und Internet-Traffic zuhause und auf Arbeit sowie Treffen mit FreundInnen überwacht werden. Von der Ausweitung von Observationen auf das weitere soziale Umfeld ist auszugehen. Diese umfassenden Ausforschungen und der massive Eingriff werden mit abenteuerlichen Konstrukt dem Ermittlungsparagraphen 129 a gerechtfertigt.
Nachdem in den letzten Wochen einige Leute vom BKA Vorladungen zu einer Zeugenvernehmung erhalten hatten und/oder auch durch eine direkte Ansprache aufgefordert wurden, was zu den Verhafteten zu sagen, sind am 10. Oktober 2007 schriftliche Ladungen von der BAW versendet worden. Bisher sind der ZeugInnengruppe und dem EA über zehn Personen (einige sind FreundInnen, Bekannte und andere können sich dies nicht erklären) bekannt.
Diese Entwicklung ist für den Alltag der vorgeladenen ZeugInnen in den letzten Wochen sehr bestimmend und setzt sie massiv unter Druck. Besonders brisant ist es für Personen mit Kindern, was vom BKA und BAW gerne als Druckmittel ausgespielt wird.
Allen zur BAW Vorgeladenen droht bei einer Aussageverweigerung die im ersten Schritt die Verhängung von Ordnungsgeldern (bis zu 1.000,00 €) und bei weiterer Verweigerung kann die Beugehaft (juristisch korrekt „Erzwingungshaft“) durch den Ermittlungsrichter angeordnet werden. Mit dem Druckmittel der Beugehaft sollen ZeugInnen zu Aussagen gegen FreundInnen und Bekannte gezwungen werden. Zu diesem Zweck können bis zu max. sechs Monate Knast verhängt werden. Und diese sechs Monate können auch nur wegen einer nicht beantworteten Frage verhängt werden, wenn die BAW und der Ermittlungsrichter meinen, diese Beantwortung sei für sie von großer Bedeutung.
Es ist im Rahmen eines 129 a Verfahrens den ermittelnden Behörden nicht nur wichtig etwas über die vorgeworfene Tat zu erfahren sondern sie stellen konkret Fragen über die persönli-chen Zusammenhänge der Beschuldigten, in welchem Verhältnis die/der ZeugIn zu den Beschuldigten steht oder stand, was und wo die Beschuldigten sich früher engagiert haben, mit wem sie in engem Kontakt standen und sogar welche Hobbys usw. die Beschuldigten haben. Eben auch Fragen die nicht zu einer vermeintlichen Tataufklärung unbedingt beitragen. Sie wollen Ansatzpunkte zu einer weiteren Durchleuchtung der beschuldigten Personen und Informationen, die ihnen in ihrem bisherigen Ermittlungsstand noch fehlen und zu denen sie sonst keinen Zugang bekommen. Hier sollen nun Freunde gezwungen werden, die persönlichen Verhältnisse der Beschuldigten preis zu geben. Dies geht aber niemanden und besonders die BAW etwas an!

Wer sich entscheidet, zu schweigen und keine Fragen der BAW zu beantworten, muss sich nicht nur mit der kommenden Haftsituation auseinandersetzen sondern auch damit, was mit dem Arbeitsplatz ist, wie das Kind versorgt werden soll und muss, wie die Miete zusammen kommt und, und, und…

Aber auch diejenigen, die evtl. die Situation nicht aushalten können, die wegen ihres Arbeitsplatzes oder anderen nicht mal so eben mehrere Monate in den Knast zu gehen, liegt ein immenser Druck. Keine will den Beschuldigten schaden und niemand weiß, was die staatlichen Repressionsorgane eigentlich wollen. Die Gefahr durch Beantworten vermeintlicher belangloser Fragen jemand anderen oder sich selbst zu belasten besteht bei jeder Frage durch die BAW. So ist es auch schon oft geschehen, dass aus einem Zeugen mal schnell ein Beschuldigter wird.

Wir können niemanden die Entscheidung wie er/sie sich verhalten will abnehme, aber wenigstens den finanziellen Ruin werden wir gemeinsam verhindern. Neben Ordnungsgeldern, Haftkosten und Anwaltshonoraren müssen laufende Kosten wie Miete, Krankenversicherung etc. gezahlt werden. Dafür brauchen wir dringend jegliche Art von Unterstützung von Euch. Deshalb sammelt Geld, macht Party`s und/oder überlegt euch Patenschaften.

Spendenkonto: Klaus Schmidt, Konto-Nr.: 20610-106, BLZ: 10010010 Stichwort „Keine ZeugInnen“

Solidarität statt Paranoia!
Wir lassen niemanden allein!
Aussageverweigerungsrecht für ALLE!!!
Kein Klatsch, kein Tratsch!
Schafft Öffentlichkeit, sammelt Spenden – Solidarität mit allen Verhafteten und Beschuldigten!


Kontakt zur ZeugInnengruppe:
keine-zeuginnen [at] so36.net