Freispruch im Stuttgarter Hakenkreuzprozeß zu erwarten

Über neunzig Zuschauer und zahlreiche Journalisten verfolgten am 8. März der Revisionsprozeß über das Stuttgarter Hakenkreuzurteil vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Nach 90minütiger Verhandlung beantragten sowohl Verteidigung, als auch Staatsanwaltschaft Freispruch für den angeklagten Versandhändler. Der Versuch, antifaschistische Symbole als kriminell aus der Öffentlichkeit zu verbannen, dürfte damit gescheitert sein.

Gegenstand des Verfahrens ist der Verkauf von Buttons, T-Shirts etc. mit antifaschistischen Symbolen wie durchgestrichenen oder zerschlagenen Hakenkreuzen. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft erblickt darin eine Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen (§ 86a StGB) und verfolgt seit August 2005 deswegen einen Stuttgarter Versandhändler durch alle Instanzen. Über 10.000 Artikel waren bei einer Razzia beschlagnahmt worden; vielen Antifaschisten wurden seitdem unter Berufung auf diese Rechtsauffassung Verfahren angehängt (zwei Fälle sind aus Thüringen bekannt). Von Anfang an stieß dieses Vorgehen auf Unverständnis und Ablehnung in der Öffentlichkeit: Es könne nicht sein, daß der Anti-Nazi-Paragraph in ein Instrument zur Verfolgung von Antifaschisten umgewandelt würde.

Die Argumente der Stuttgarter Staatsanwälte sind dabei so absurd, daß sie kaum vernünftig diskutiert werden können. So wurde z.B. behauptet, das bekannte Umweltmännchen, das ein Hakenkreuz in den Mülleimer wirft, sei mißverständlich – der ausgestreckte Arm könne als Hitlergruß gegenüber dem Hakenkreuz gesehen werden. Diese und andere Argumente kann man im Urteil des Stuttgarter Landgerichts vom Oktober nachlesen.

Vor Gericht dürfte man sie zukünftig nicht mehr hören. Nach den übereinstimmenden Anträgen am Schluß der Karlsruher Verhandlung ist ein Freispruch zu erwarten, und die Urteilsverkündung am 15. März wird dem Frontalangriff auf antifaschistische Meinungsäußerungen ein Ende setzen. Daß die Stuttgarter Staatsanwaltschaft die frei werdenden Kapazitäten nutzt, um die unbehelligt in ihrem Zuständigkeitsbereich lebenden Nazi-Kriegsverbrecher zu verfolgen, ist freilich nicht zu erwarten.

R.